Schaut man auf die Ergebnisse der kürzlich veröffentlichten Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU 2021), zeichnet sich ein alarmierendes Bild: Die Schülerinnen und Schüler der vierten Klasse lesen merklich schlechter als noch vor fünf Jahren. Und: Mädchen schneiden bei der Lesekompetenz in den meisten Teilnehmerstaaten signifikant besser ab als Jungen, auch in Deutschland. Um diesen Vorsprung wieder aufzuholen, bedarf es besonderer Förderprogramme. Und genau hier setzt „kicken&lesen“ an: „Über die Begeisterung der Jungen für Fußball und Wettbewerb, durch motivierende Angebote in Form einer wöchentlichen Schul-AG und Begegnungen mit dem VfB Lübeck sowie speziell ausgewählte Jugendliteratur soll die Lesefreude gesteigert werden“, erklärt Hanno Teßmer, Mitarbeiter der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung und Projektleiter von „kicken & lesen Lübeck“.
Schulübergreifender Wettbewerb aus Fußballturnier und Book Slam
Ursprünglich kommt „kicken&lesen“ aus dem Süden, wurde dort 2007 von der Baden-Württemberg Stiftung in Kooperation mit dem VfB Stuttgart und dem SC Freiburg ins Leben gerufen. Richtig erfolgreich ist das Projekt auch in Köln, hier sind die SK Stiftung Kultur der Sparkasse KölnBonn und der 1. FC Köln federführend. In Lübeck wird „kicken&lesen“ nun von der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung und dem frisch gebackenen Drittligisten VfB Lübeck umgesetzt. Die Idee dazu hatte Karl-Wolfgang Eschenburg, Mitglied des Rotary Club Lübeck-Burgtor, der das Projekt an die Julius-Leber-Schule holte. Inzwischen mischen noch zwei weitere Lübecker Gemeinschaftsschulen mit: die Trave-Grund- und Gemeinschaftsschule aus Kücknitz und die Willy-Brandt-Schule aus Schlutup. An den drei Schulen findet wöchentlich für die 5. und 6. Klassen eine 90-minütige AG statt, in der sich Lese- und Fußballelemente abwechseln. Beliebt ist das Tandem-Lesen, bei dem bessere und weniger gute Leser Aufgaben im Team bewältigen. Dabei hoch im Kurs: Abenteuer-, Fußball- und Monster-Romane.
„Das unliebsame Lesen wird zunehmend gemocht"
Neele Hensel, Lehrkraft an der Julius-Leber-Schule, ist von „kicken&lesen“ überzeugt: „Das Projekt zahlt sich bei uns aus. Unsere Jungs kommen gerne und es ist eine Freude, sie dabei zu begleiten. Insbesondere die Beobachtung, dass das anfangs oft unliebsame Lesen zunehmend selbstverständlich und im Laufe der Zeit sogar gemocht wird, ist eine riesige Bereicherung.“ Aktuell arbeiten die 11- bis 14-Jährigen daran, ein kurze, kreative Buchvorstellung auf die Bühne zu bringen. Denn: „kicken&lesen“ ist als Wettbewerb konzipiert. Am Ende des Schuljahres treten die drei Schulen im Rahmen eines Book Slams (abgeleitet von „Slam“) und eines Fußballturniers gegeneinander an. Der Gesamtsieger gewinnt den „kicken&lesen“-Pokal – und wird bei einem Heimspiel des VfB Lübeck im Stadion an der Lohmühle geehrt.
Einbindung des VfB Lübeck als Highlight
Die Einbindung eines Fußballvereins ist elementar wichtig für das Gelingen des Projekts, da die Aussicht auf ein Training mit den Profis oder das Schauen eines Heimspiels gerade auch in den Lesephasen motivierend wirkt. „Mit dem VfB Lübeck wurde der größte Fußballverein der Stadt gewonnen, ein echtes Aushängeschild“, freut sich Projektleiter Hanno Teßmer. Als Bindeglied zwischen Schulen, Stiftung und Fußballverein wird Daniel Krüger, Geschäftsstellenmitarbeiter beim VfB Lübeck, fungieren. Ein Glücksfall: Spontane Gastspiele beim VfB können jetzt direkt mit dem Trainerstab abgestimmt werden.
Autogramme, Trinkflaschen und Fußbälle für die Kinder
Ein solches Fußballtraining fand bereits Mitte Mai auf der Lohmühle statt: Die VfB-Profis Mats Facklam, Jan Lippegaus und Noah Plume empfingen die „kicken&lesen“-AG der Julius-Leber-Schule. Die zwölf Fünft- und Sechstklässler bekamen eine Einheit aus Aufwärmübungen, Torschusstraining und Abschlussspiel geboten. Abschließend gab es noch Autogramme sowie originale VfB-Trinkflaschen und Fußbälle, die für strahlende Gesichter sorgten. VfB-Spieler Jan Lippegaus zeigte sich im Anschluss hochzufrieden: „Mir hat die Trainingseinheit viel Freude bereitet. Das Projekt „kicken&lesen“ ist für alle Beteiligten eine Win-win-Situation: Als VfB Lübeck unterstützen wir gerne dabei, dass die Kinder spielerisch in ihren Lesefähigkeiten gefördert werden, gleichzeitig freut es uns natürlich, wenn wir sie nebenbei auch für den VfB begeistern können. Auf dem Rasen war bereits viel Potenzial zu sehen.“