Interview mit Karateka Patrick Urban

Die Coronavirus-Pandemie hat weitreichende Auswirkungen auf unser gesellschaftliches Zusammenleben, die Wirtschaft – und nicht zuletzt auch auf den Sport. Seit vergangener Woche ist es offiziell: Die Olympischen Sommerspiele 2020, die von Ende Juli bis August in Tokio stattfinden sollten, werden um ein Jahr verschoben. Ein Novum in der Geschichte: Nie zuvor gab es eine Absage bzw. Verlegung in Friedenszeiten. Wir haben mit unserem TEAM LÜBECK-Athleten und Karateka Patrick Urban über die aktuelle Lage gesprochen…

Patrick, das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat Olympia 2020 aufgrund der Corona-Krise verschoben. Du selbst hast dir bis zuletzt Teilnahmechancen ausgerechnet. Wie siehst du die Absage?

P.U.: „Meiner Meinung nach hat das IOC die richtige Entscheidung getroffen. Einige Nationen hatten bereits ihren Start bei den Olympischen Spielen abgesagt. Allerdings geht es momentan um viel mehr – um die Gesundheit aller Menschen auf der Welt. Gerade wir Sportler gelten als Vorbilder. Bei der regulären Ausrichtung der Olympischen Spiele hätte das IOC nicht nur die Sportler in Gefahr gebracht, sondern ebenso den Ruf der Olympischen Spiele geschädigt. Da viele Qualifikationsturniere und Kontinentale Meisterschaften ausgefallen sind, war es für alle Sportler wichtig, dass das IOC diese Entscheidung getroffen hat.“

Was bedeutet die Entscheidung speziell für dich? Trainierst du weiter? Wie sieht dein Training momentan aus?

P.U.: „Ich persönlich habe nun aufgrund der Entscheidung ein Jahr länger Zeit, um mich auf die Europameisterschaft und das direkte Olympia-Qualifikationsturnier in Paris vorzubereiten. Für mich zählt jeder Wettkampf, jedes Turnier.  Aktuell ist noch nicht klar, ob die abgesagten Qualifikationsturniere lediglich verschoben werden oder komplett ausfallen müssen. Doch ganz gleich, wie entschieden wird: Ich muss das Beste aus der Situation machen. Dazu gehört auch, mich fit zu halten. Momentan trainiere ich zuhause. Überall dort, wo Platz ist. Gerade jetzt merkt man, wie abhängig man von Anderen ist. Aber man wird auch kreativ: So habe ich den Boxsack durch einen Baum ersetzt und meine Familienangehörigen müssen als Trainingspartner herhalten.“

Der ehemalige Diskuswerfer und Olympiasieger Robert Harting hat gesagt: „Die Entscheidung ist für die Olympioniken eine Katastrophe.“ Geld breche weg, die Luft sei bei vielen raus. Für viele stehe gar ein Karriereende im Raum. Treffen die Aussagen zu?

P.U.: „Ich kann Robert da nicht zu 100 % zustimmen. Die wirtschaftlichen Folgen sind für die Athleten teilweise fatal, das stimmt. Einige Sponsoren springen ab, da sie selbst in finanzielle Notlage geraten. Ohne finanzielle Unterstützung ist es nicht möglich, sich professionell auf die Olympischen Spiele vorzubereiten und zu den Turnieren zu reisen. Dennoch sieht man in den sozialen Medien, wie sich die Sportler während des Lockdowns gegenseitig pushen und an ihren Zielen festhalten. Auch sehr erwähnenswert: Sportpsychologen, Fitnesstrainer und Physiotherapeuten bieten ihre Dienste ehrenamtlich an, um den Sportlern zu helfen. Ich bleibe optimistisch und sage, dass wir mehr Zeit gewonnen als verloren haben. Jetzt ist es vor allem wichtig, gesund zu bleiben!“

Vielen Dank für das Interview!

(Fotos: © Clockworkfotografie)