Mit der Welt verbunden

Computerkurse für die Generation 60 plus sind zwar nicht neu, aber sehr beliebt – und wichtig. Das hat die Seniorenakademie Lübeck an St. Marien bereits vor 20 Jahren erkannt. Wer sich auf PC und Smartphone einlässt, findet eine neue Form der Kontakt- und Informationsmöglichkeit. Oder kann sein Bahnticket online buchen.

Der Umgang mit dem Internet ist für viele Senioren noch immer ein rotes Tuch. In ihrem Berufsleben hatten sie oft kaum Kontakt damit, das Verständnis für die neuartigen Geräte wie Laptop und Tablet muss, anders als bei der Folgegeneration, erst aufgebaut werden. Nicht selten ist die Ablehnung von neuester Technik die Folge. Aus diesem Grund bietet die Seniorenakademie Lübeck an St. Marien schon seit 2001 Anfänger- und Fortgeschrittenenkurse für den Computer an. Zielgruppe sind ab 60 Jahren. „Die Hemmschwelle ist bei einigen Senioren doch recht hoch, was die digitale Welt betrifft. Unsere Kurse richten sich explizit an Menschen, die noch gar keine Ahnung von den Geräten und dem World Wide Web haben“, erklärt der ehrenamtliche Kursleiter Walter Venzke (68). Venzke ist seit drei Jahren dabei und ist fasziniert von dem Thema: „Ich baue seit meiner Jugend Computer bzw. Monitore zusammen und hatte auch beruflich damit zu tun. Mir macht es Spaß, mein Wissen weiterzugeben.“
 

Von der Mediathek bis Google Earth

Von einem tiefergehenden Verständnis für Soft- und Hardware sind die heutigen Kursteilnehmer allerdings noch weit entfernt. Hildegard (72), laut eigener Aussage ausschließlich offline unterwegs, ist zunehmend genervt davon und will sich endlich im Internet informieren können. „Über Dit und Dat“, wie sie sagt. Ingrid (70), mit dem Handy schon recht versiert, am PC allerdings noch absoluter Laie, würde gerne die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen für Filme und Nachrichtensendungen nutzen und Marianne, mit 92 die Älteste der Runde, will per E-Mail Kontakt zu ihrer Familie halten. Das Problem: „Ich finde den Posteingang nicht mehr“, erzählt sie. „Und ich vergesse, welche Tasten ich drücken muss.“ Die Nutzung von Google Earth funktioniere dagegen schon richtig gut: „Ich habe meinen Geburtsort Heidelberg angeschaut und die kleine Straße, in der ich früher einmal gewohnt habe. Das hat viele Erinnerungen geweckt.“
 

Mit Humor und Geduld zum Bahnticket

Kursleiter Venzke ist es wichtig, dass sich die Kursinhalte nach den Wünschen der Teilnehmer richten. Heute steht das Buchen und Bezahlen von Bahntickets auf dem Programm. Was vermeintlich einfach klingt, entwickelt sich schnell zur Mammutaufgabe: Bei Marianne ist „plötzlich alles weg“, Hildegard findet den Browser nicht und bei Ilse streikt die Maus. Und dann gibt es da noch Ingrid, die sich mit dem gemeinschaftlich festgelegten Zielbahnhof nicht anfreunden kann: „Als gebürtige Düsseldorferin fahre ich bestimmt nicht nach Köln!“ Ehe Bedienfeld und Suchfunktion schließlich die ersten Ticketpreise anzeigen, sind 30 Minuten vergangen. Venzke kennt das schon: „Humor und Geduld sind für mich am wichtigsten. Bisher haben wir zum Glück jedes Problem, technischer oder persönlicher Natur, lösen können.“ Zudem fällt positiv auf, dass sich die Teilnehmer gegenseitig unterstützen und damit zur guten Stimmung beitragen. Wer sich für die Computerkurse interessiert, findet weitere Informationen unter www.seniorenakademie-hl.de. Die Gemeinnützige Sparkassenstiftung fördert die Honorarkosten der Referenten und die Gebühren der Teilnehmenden. Digitale Teilhabe soll keine Frage des Geldbeutels sein.
 

Ehrenamtliche tragen Seniorenakademie

Die Seniorenakademie Lübeck feierte 2019 ihr 40-jähriges Bestehen. Unter dem Motto „Freunde treffen – Wissen teilen“ finden Vorträge, Ausflüge, Kunstreisen, Museumsführungen sowie Computer- und Sprachkurse statt. Im Mittelpunkt steht dabei das Engagement der rund 25 Ehrenamtlichen, die sich als Kursleiter engagieren oder Vorträge halten. Die Bedeutsamkeit ihrer Arbeit nimmt stetig zu: In Lübeck leben aktuell etwa 65.000 Menschen, die über 60 Jahre alt sind. Das sind schon knapp 30 Prozent aller Einwohner.