Musik ist mein ganzes Leben

Die Ukrainerin Mariia Davydenko hat bereits früh ihre Liebe zur Musik entdeckt. Nach Abschluss ihrer musikalischen Ausbildung am Fachkolleg in Mykolajiw wollte sie Klavier und Pop-Gesang studieren. Doch der russische Angriff auf ihr Heimatland machte diese Pläne zunichte. Sie floh nach Deutschland und nahm mit Hilfe eines Stipendiums der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung ein Studium an der Musikhochschule Lübeck auf. Im Interview spricht Mariia über ihren musikalischen Werdegang, ihre ersten Monate in der Hansestadt und ihre Pläne für die Zukunft.

Liebe Mariia, welche Bedeutung hat Musik für Dich?

Musik ist mein ganzes Leben. Ich bin bereit, mich rund um die Uhr mit dieser großartigen Welt zu beschäftigen, und es wird nie langweilig oder altmodisch.

Du hast bereits 2009, im Alter von fünf Jahren, die Kindermusikschule in Deiner ukrainischen Heimatstadt Mykolajiw besucht. Wer oder was hat Dich in diesem jungen Alter für die Musik begeistert?

Die Entscheidung, mich in die Musikschule zu bringen, hat meine Mutter getroffen, und ich bin ihr dafür jeden Tag sehr dankbar. In meinen Erinnerungen war ich sehr begeistert von allen Geräuschen und Klängen, die ich an meinem ersten Musikschultag gehört habe. Ich war auch immer überrascht von allen Musikern und Musikerinnen, die so viel Feuer in den Augen hatten, dass ich selbst es für mich als genau richtig empfand und dieses Feuer in meinem eigenen Leben entzünden wollte.

Am Fachkolleg für Musikkunst Mykolajiw des Rats Oblast, Mykolajiw, an der Du im Juli 2021 Deinen Abschluss gemacht hast, wurdest Du mit einer Goldmedaille für besonders hohe Studienleistungen ausgezeichnet. Du hattest vor, anschließend Klavier und Pop-Gesang zu studieren. Durch den russischen Angriff auf Dein Heimatland wurden Deine Pläne auf perfide Weise durchkreuzt. Du musstest fliehen und Dein Weg führte Dich nach Lübeck. Wie hast Du die ersten Monate in der Hansestadt erlebt?

Meine ersten Monate in Deutschland verbrachte ich noch nicht in der Hansestadt. Ich habe von März bis November 2022 in Schleswig gewohnt und bin dann erst nach Lübeck umgezogen, als ich die Möglichkeit bekam, an der MHL ein Kontaktstudium aufzunehmen. Lübeck war und ist immer noch sehr nett und freundlich zu mir. Ich habe viele Studentinnen und Studenten und das Leben an der Musikhochschule kennengelernt. Das war eine tolle Erfahrung, und jetzt genieße ich mein Regelstudium.

Hast Du noch Angehörige in der Ukraine? Falls ja, wie hältst Du Kontakt?

Ich habe noch meinen Vater in der Ukraine. Wir chatten sehr viel und telefonieren, wann immer ich frei habe oder er die Möglichkeit hat.

Du hast innerhalb eines Jahres nach Deiner Ankunft in Deutschland am Goethe-Institut Düsseldorf das Sprachzertifikat B2 erhalten. Im Oktober 2022 nahmst Du bereits ein vorbereitendes Kontaktstudium an der Musikhochschule Lübeck auf. Wie gelang es Dir, in so kurzer Zeit so gut Deutsch zu lernen und ein deutschsprachiges Studium aufzunehmen?

Während meiner Schulzeit hatte ich ein Grundwissen in Deutsch erlangt. Später am Fachkolleg habe ich mir überlegt, mich nach dem Studium an einer Musikhochschule in Deutschland zu bewerben. Deshalb habe ich Privatunterricht in Deutsch genommen. Auch jetzt setze ich das Lernen der deutschen Sprache fort und bereite mich auf die C1-Prüfung vor. Aber ich glaube, das Wichtigste ist, dass ich jetzt kaum noch meine Muttersprache benutze und jeden Tag Deutsch mit allen Studenten:innen spreche.

Du komponierst seit sieben Jahren eigene Musik, sowohl Instrumentalmusik für Klavier und Kammerorchester als auch Pop-Lieder. Was inspiriert Dich bei Deinen Kompositionen?

Mich inspirieren ganz viele Sachen, aber am meisten die Menschen. Es fällt mir leichter, Musik zu komponieren, wenn ich ein bestimmtes Gefühl habe, und das bekomme ich fast immer von Menschen, die ich beobachte oder kennenlerne.

Du hast bereits Lehrerfahrung sammeln können, indem Du Kindern das Komponieren nähergebracht hast. Seit dem Wintersemester 2023/24 studierst Du das Fach „Musik vermitteln“ an der Musikhochschule Lübeck. Wie wichtig ist es Deiner Meinung nach, Kinder bereits früh an Musik heranzuführen?

Ich finde es sehr wichtig. Egal, ob Kinder irgendwann in ihrem Leben etwas mit Musik zu tun haben möchten oder nicht, Musik ist ein Teil unseres Lebens und kann in vielen Bereichen helfen. Falls Kinder sich entscheiden, Musik weiter zu studieren, ist es am besten, im Kindesalter Grundkenntnisse eines bestimmten Instruments zu erlangen, ähnlich wie es z.B. mit der Muttersprache in der Kindheit geschieht.

Seit 2023 wirst Du durch ein Stipendium der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung zu Lübeck bei Deinem Studium unterstützt. Was sind Deine Pläne nach Deinem Abschluss?

Ich möchte gerne noch den Master machen, aber danach möchte ich natürlich in Deutschland arbeiten. Wie bereits erwähnt, hatte ich schon in der Ukraine geplant, mich hier zu bewerben, deshalb möchte ich mich weiterhin in Deutschland ausbilden und hier mein Leben aufbauen.

Vielen Dank für das Interview, Mariia. Wir wünschen Dir viel Erfolg für deine musikalische Laufbahn und alles Gute auf Deinem weiteren Lebensweg!