You´ll never walk alone...

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… lautet die berühmte Fußballhymne des FC Liverpool. Ein Lied von tiefer Verbundenheit, Zusammenhalt und Stärke. Wortwörtlich übersetzt, passt die Zeile aber auch ganz wunderbar zum SV Eintracht Lübeck 04 e.V.

Kicken wie die Profis, nur einen Gang langsamer: „Beim Walking Football ist einiges anders als beim klassischen Rasenspiel“, sagt Alexander Wulff, Fußballabteilungsleiter bei Eintracht Lübeck. „Die wichtigste Regel lautet: Es wird nicht gerannt! Außerdem darf der Ball nur hüfthoch geschossen werden, Rempeln oder Grätschen sind verboten“, so Wulff. Dieses Regelwerk verwandelt die mit Abstand beliebteste Sportart der Deutschen in ein ideales Fitnesstraining für Ältere. Nach oben gibt es keine Altersgrenze.

Zwei 75-Jährige mischen mit
Beim heutigen Mannschaftstraining wird schnell klar: Intensität ist keine Frage des Alters. Die 15 Spieler:innen schenken sich nichts. Lautstarke Kommandos hallen über den Kunstrasenplatz in der Ziegelstraße. Es wird gepasst, taktiert und gekämpft. Besonders: Es wird auf einem Kleinfeld gespielt, mit Toren auf Hüfthöhe. Die speziellen Mini-Tore wurden von der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung finanziert. „Das Schöne ist, dass dieser Sport auch mit gesundheitlichem Handicap betrieben werden kann“, betont Wulff. „Übergewicht, schwere Krankheitsverläufe oder der Zahn der Zeit – das alles spielt hier keine Rolle!“ Ein echtes Unikat ist der 75-jährige Karl-Heinz „Kalle“ Saggau. Trotz Krebserkrankung verpasst er keine Trainingseinheit. Seine Ärztin habe ihm empfohlen, Sport zu treiben. Das sei gut für die mürben Knochen. „Ich war immer sehr aktiv, habe Fußball und Tennis gespielt. Es ist toll, wieder auf dem Platz zu stehen“, erzählt er. Bernd Juhl, ebenfalls 75, sieht das ganz ähnlich: „Man muss sich fast zügeln. Gehfußball macht riesigen Spaß und man muss aufpassen, nicht doch ins Laufen zu verfallen.“ Auch für Jennifer Wildt ist die Sportart optimal. Die 39-Jährige ist eigentlich Spielerin der Damenmannschaft, erlitt allerdings zwei Kreuzbandrisse: „Für den normalen Spielbetrieb reicht’s nicht mehr. Umso glücklicher bin ich, eine echte Alternative gefunden zu haben.“

Über England in die Welt
Walking Football wurde 2011 in Chesterfield, England erfunden. Das Ziel war es, ältere Menschen aus der Isolation zu holen und sie zu körperlicher Bewegung zu motivieren. Ein großer Erfolg: Im Vereinigten Königreich gibt es inzwischen mehr als 1000 Walking Football Clubs. In England und den Niederlanden wird sogar in Gehfußball-Ligen gespielt. Auch in Deutschland wird die Sportart immer populärer: So haben die Bundesliga-Vereine VfL Wolfsburg, Bayer 04 Leverkusen, Werder Bremen und Schalke 04 eigene Abteilungen gegründet. Bei Eintracht Lübeck brachte Vereinsrückkehrer Michael Pawlus den Stein ins Rollen. Die Sparte besteht seit Sommer 2020 und erfreut sich großer Beliebtheit.

Auch für Kinder und Jugendliche?
Abgesehen von den günstigen Effekten auf Ausdauer, Kraft und Koordination der Sportler:innen haben gerade Spielsportarten einen nicht zu unterschätzenden sozialen Aspekt. „Wir treffen uns einmal in der Woche. Und es sind fast immer neue Gesichter dabei“, berichtet Wulff. „Das Miteinander ist großartig. Im Verein gibt es ganz viel Zuspruch und auch Respekt der jungen Aktiven.“ Vereinsintern arbeite man gerade daran, die Sportart auch für Kinder und Jugendliche anzubieten. „Gerade bei Jugendlichen führt Übergewicht oft zur sozialen Ausgrenzung. Die Corona-Pandemie hat die Situation noch einmal verschärft“, verdeutlicht der Vereinsvorsitzende Michael Geyda. Beim Schleswig-Holsteinischen Fußballverband habe man mit dieser Idee bereits offene Türen eingerannt. Jetzt gehe es darum, auch andere Vereine von der Faszination Walking Football zu überzeugen.

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